Mein erster Franzose

Ohne Zweifel war ich nicht böse darum, dass mich mein erstes Auto so schnell verlassen hatte. Dieser kackbraune D-Kadett war im Prinzip ein kleiner Design-Unfall, der mir garantiert nicht wieder passieren sollte! Somit habe ich auch aktiver in die Suche eingegriffen, nachdem mein Bruder und mein Vater nun auch nicht mehr viel sagen konnten – so falsch hatten sie gelegen mit der Auswahl meines ersten Autos.

So kam ich zu meinem ersten Franzosen – ein roter, kleiner, knuddeliger R5 mit so vielen tollen, charmanten Extras! Ich war so begeistert von der kleinen Scheibenwischer-Pumpe, die man mit dem linken Fuß betätigte. Praktisch instant kam Scheibenwischmittel aus den Düsen gespritzt! Winzige Scheibenwischer setzten sich in Gang. Überhaupt war gefühlt alles winzig, vergleicht man es mit den kleinsten modernen Kleinwagen von heute. Dennoch: Mit diesem Auto bin ich wahnsinnig gerne gefahren. Man hatte immer den Eindruck über die Straßen zu rasen! Das Gefühlt hielt genau so lange an, bis von hinten einer gehupt hat, weil man eben doch eher langsam unterwegs war. 34 PS! Das ist wahrlich kein Geschwindigkeits-Himmelreich, aber damals hatten wir ja auch noch mehr Zeit… Man musste nicht 10 Sachen gleichzeitig machen und überhaupt war das Leben nicht so schnell und anstrengend. Heute heißt es ja immer höher – schneller – weiter… Und wer nicht schnell genug ist, wird eben aussortiert. That’s life, sagen die Einen. Das ist Fortschritt, sagen die Anderen. Beides eher keine zufrieden stellenden Antworten für meinen Geschmack. Unter Fortschritt verstehe ich auch verbesserte Lebensbedingungen. Wir rackern uns heute physisch sicherlich nicht mehr so ab wie früher, jedoch ist dafür die psychische Belastung sehr viel größer geworden.

Na ja, ich war also glücklich mit meinem selbst ausgesuchten Auto und ich hatte es ja auch gar nicht eilig! Ich bin kreuz und quer durch die Lande „gerast“, habe Freunde besucht und wir haben uns zu fünft in den kleinen R5 gequetscht, immer mit einer Arschbacke aufeinander sitzend! Warnung!: Nichts für Klaustrophoben! Ich war so happy mit meinem kleinen Franzosen. Wir hatten wirklich eine schöne Zeit – bis er mich nach nicht mal einem Jahr jäh wieder verlassen hat… Es qualmte fürchterlich, logischerweise mitten auf der Autobahn. Weißer Rauch! Aus dem Auspuff. Damals gab es natürlich keine Handys. Also folgte zunächst ein gefühlt kilometerlanger Marsch zur nächste Notrufsäule. Mit dem Abschleppdienst sind bei diesem Mal allerdings keine besonderen Vorkommnisse zu verzeichnen… Die Autokenner unter euch wissen natürlich sofort: Die Zylinderkopfdichtung ist kaputt. Zumindest war dies damals ein sicheres Zeichen. Immerhin ist das jetzt schon 29 Jahre her – oh mein Gott, ich bin anscheinend schon echt alt! Mir sagte mal jemand, alt ist man mit Mitte 40! Dabei ist das doch erst das Mittelalter, wenn man von der heutigen Lebenserwartung ausgeht. Also stehe ich genau genommen gerade in der Blüte meines Lebens. Na ja, mit Ende 20 hat man wohl eher einen anderen Blick auf das Alter. 😉 Hauptsache der Kopf bleibt jung!

Na ja gut, das war also das jähe Ende meines knuddeligen R5! Denn die Zylinderkopfdichtung auszutauschen, stand in keinem vernünftigen Preis-Leistungsverhältnis. Vernünftig! Wer ist schon vernünftig Anfang 20… na ja, meine Eltern natürlich!;) Und daher gibt es auch leider nicht mehr zu sagen zu diesem wunderbaren Gefährt.

So kam ich nach relativ kurzer Zeit zu meinem nächsten Auto: Ich blieb bei den Franzosen. Auch ein herrlich, uriges Gefährt. Mit Krückstock-Schaltung und Schiebefenstern… Aber das ist eine andere Geschichte.;)

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