Autos haben eine Seele
Echt jetzt?! Diese Aussage ist für mich tatsächlich höchst verwunderlich. Autos habe ich schon viele besessen. In 25 Jahren, die ich nun meinen Führerschein habe, fahre bereits mein fünfzehntes Auto. Nicht das ich viele Unfälle gehabt hätte (Nur Einen. Einen ganz Dummen. Noch dazu nicht mal mit einem meiner Gebrauchten, sondern einem Fast-Neuwagen – aber das ist eine andere Geschichte.) Nein, es ist einfach so, dass ich nie besonders viel Glück mit meinen gebraucht gekauften Fahrzeugen hatte. Warum ich denke, dass Autos letztendlich vielleicht doch eine Seele haben, ist eigentlich ganz einfach.
Ich hatte mal einen kleinen blauen, widerspenstigen Ford Ka. Zu der Zeit lebte ich noch in Lyon (F). In dem Viertel „Croix Rousse“. Eine tolle Stadt, ein tolles Viertel. Sehr alternativ, voller Künstler und Musiker, mit vielen Bars, noch mehr Live-Musik und einer geschichtsträchtigen Architektur. Alles das also, was man zum Wohlfühlen braucht. Aber irgendetwas muß meinen kleinen, blauen Ford Ka doch gestört haben.
Eigentlich ein klasse Auto, auf das ich sehr stolz war. Schließlich hatte es eine manuelle Klimaanlage, mit der man wahlweise bei kühlen 18Grad oder heißen 32Grad im Sommer über Frankreichs Straßen düsen konnte. (Es gab leider nur einen an/aus Schalter). Trotzdem. Ich war sehr zufrieden. Wenn da nicht dieses winzige Problemchen gewesen wäre. Ich weiß nicht mehr Wann und Wo genau es begann. Aber mit einem Mal fing es einfach an. Wie immer war ich unterwegs zu meiner damaligen Arbeitsstätte, dem Goethe Institut, als ich an einer Ampel halten musste und mein kleiner, blauer Ford Ka meinte, er könne sich ja mal eine Pause gönnen und daraufhin einfach ausging. (Kfz Mechaniker haben jetzt sicher schon tausend Ideen, woran es gelegen haben könnte.) Nein, es lag nicht an mir. Ich habe weder den Motor abgewürgt, noch ausgemacht! Es leuchtete auch kein Batterie-Warnlämpchen oder Ähnliches. Ich habe mir erst einmal nicht viel dabei gedacht und startete ganz normal, als es wieder Grün wurde. War auch kein Problem. Nur, dass es an der nächsten Ampel (und davon gibt es viele in Lyon) wieder aus ging. Und so ging es weiter, bis ich nach der gefühlten hundertsten Ampel, im ständigen Widerspruch mit meinem Auto, endlich beim Goethe-Institut ankam. (Komischerweise war das Stop and Go bei der Parkplatzsuche dann kein Problem.) Ich fühlte mich schon ein wenig an der Nase herumgeführt. (Von einem Auto wohlgemerkt!)
Da sich das Ganze in den darauffolgenden Tagen unzählige Male wiederholte, fuhr ich genervt zum Automechaniker meines Vertrauens in der Croix Rousse. (Da gab es auch genügend Ampeln!) Dieser konnte auf den ersten Blick in den Motorraum nichts feststellen. (Im Nachhinein nicht verwunderlich.) Eine Probefahrt des Mechanikers ergab das Unglaubliche: bei keiner einzigen Ampel ging mein kleiner, blauer Ford Ka aus. Betragen = 1. Na ja. Dann ist es ja gut, dachte ich. Fuhr los, nur um dann bei der nächstbesten Ampel wieder mit einem Auto dazustehen, dem es offensichtlich Spaß machte mich zu ärgern. Es war natürlich wieder ausgegangen. Also wieder zurück zum Mechaniker, der wiederum nichts feststellen konnte. (nach meinem dritten Besuch muß er mich für paranoid gehalten haben.)
Daraufhin habe ich alle möglichen Bremsarten ausprobiert: abrupt, gemütlich, sanft, mit Motor, ohne Motor, aggressiv (bin ich eigentlich gar nicht), wütend, genervt, dann wieder sanft. Nichts half. Also fuhr ich wieder zum Automechaniker meines Vertrauens. („Ah, bonjour. Ça fast un moment qu’on ne s’est pas vu!“ – „Ah, lange her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben!“ – dazu ein breites Grinsen auf dem Gesicht.) Offensichtlich hatte dieser auch das Vertrauen meines kleinen, blauen Ford Ka, denn (ihr könnt es euch schon denken) bei ihm ging dieser an der Ampel natürlich nicht aus. Kaum saß ich jedoch wieder hinterm Steuer… Den Rest kann sich hier jeder vorstellen. Ein Sketch. Nicht sehr lustig allerdings. Zumindest nicht für mich. Meine Humor-Schmerz-Grenze war erreicht.
Nach dem vierten Besuch beim Automechaniker unseres Vertrauens, bei dem ich wieder gnadenlos von meinem kleinen, blauen Ford Ka verschaukelt und vorgeführt wurde, hatte ich die Nase gestrichen voll. Bei der nächsten Ampel (an der er natürlich wieder einmal ausging) habe ich ihn erbost beim Lenkrad gepackt und… geschlagen. (Peinlich.) Ich habe ihm geschworen ihn zur Autopresse zu bringen, wenn er es wagen würde, noch ein einziges Mal an einer Ampel auszugehen! UND… Ob ihr es nun glaubt oder nicht (ist mir selbst bis heute ein Rätsel), dieses Auto ist seitdem NIE! wieder an einer Ampel ausgegangen und hat mir auch hochschwanger bis zuletzt treu zur Seite gestanden. (Wenn man die kaputte Fahrertür aussen vor läßt, weswegen ich immer durch die Beifahrertür „krabbeln“ musste).
Das ist der Grund, warum ich nicht mehr so sicher bin, ob Autos nicht vielleicht doch eine Seele haben.;) Zu fast jedem meiner Autos gibt es kleine Geschichten (D Kadett, R5, R4, Kia Pride, Citroën DS, Charleston Ente, Weiße Ente, Käfer, VW T3 Bus – um nur die geschichtsgrätigen zu nennen).
Fazit: Denke immer das Unmögliche, Dinge geschehen oft ohne Grund, Zufälle gibt es nicht und wenn man sein Schicksal herausfordert, dann haben auch Autos eine Seele.;)